Bericht zum Fachtag der AG Soziale Arbeit „Künstliche Intelligenz und Soziale Arbeit – Chance oder Widerspruch?“ am 30.09.2024

KI in der Sozialen Arbeit: Chancen, Risiken und Handlungsbedarf

Spätestens seit der Veröffentlichung von ChatGPT im Winter 2022 ist das Thema

Künstliche Intelligenz (auch) in der Sozialen Arbeit angekommen. Während in der Praxis schon mit KI experimentiert (z. B. Der Paritätische 2024) und (mehr oder weniger) reflektiert gearbeitet wird (Steiner & Tschopp 2022; Linnemann, Löhe & Rottkemper 2023), wird an den Hochschulen häufig eine eher skeptische bis ablehnende Haltung eingenommen. Dies ist insofern wenig überraschend, da ‚Digitalisierung‘ ganz allgemein als Thema in den Curricula der Sozialen Arbeit kaum eine Rolle spielt (Erdwiens & Seidel 2022; Mittmann et al. 2023).

Angesichts der rasanten technologischen Entwicklungen und der zunehmenden

Bedeutung von Künstlicher Intelligenz (KI) in verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen stellt sich jedoch die Frage, inwieweit die Soziale Arbeit diesem Wandel gerecht wird und welche Kompetenzen zukünftige Sozialarbeiter*innen benötigen, um mit diesen neuen Herausforderungen umzugehen. Aus diesem Grund veranstaltete die AG Soziale Arbeit am 30.09.2024 einen Fachtag zum Thema „Künstliche Intelligenz und Sozial Arbeit – Chance oder Widerspruch?“.

Chancen und Risiken im Überblick

Den Auftakt machte Dr. Beate Rottkemper, Expertin für soziale Innovation und Digitalisierung. In Ihrem Impulsvortrag beleuchtete die vielschichtigen Aspekte Des Einsatzes von Künstlicher Intelligenz im Gesundheits- und Sozialsektor. KI bietet einerseits das Potenzial, Arbeitsprozesse effizienter zu gestalten und innovative Lösungsansätze zu entwickeln. Andererseits birgt sie Risiken wie mögliche Diskriminierung durch Algorithmen oder den Ausschluss bestimmter Bevölkerungsgruppen von digitalen Angeboten. Ein zentraler Diskussionspunkt war die notwendige „KI-Literalität“ – die Fähigkeit, KI-Tools kompetent zu nutzen und kritisch zu hinterfragen. Hier sind Bildungseinrichtungen und Arbeitgeber gefordert, entsprechende Qualifizierungsangebote zu schaffen.

Ökologische und soziale Aspekte

Bedenken wurden hinsichtlich des hohen Energieverbrauchs von KI-Systemen geäußert. Der Klimaschutz sollte bei der Entwicklung und Nutzung von KI stärker berücksichtigt werden. Zudem wurde auf ethische Probleme beim Training von KI-Modellen in Ländern mit prekären Arbeitsbedingungen hingewiesen.

Ökonomische Auswirkungen

Interessanterweise gibt es bisher kaum Studien zu den wirtschaftlichen Effekten von KI in der Sozialen Arbeit. Generell scheint die Digitalisierung bisher eher zu einer Verschiebung von Arbeitsfeldern als zu Kosteneinsparungen geführt zu haben.

Handlungsbedarf für die Soziale Arbeit

Um die Entwicklung von KI-Systemen aktiv mitzugestalten, muss die Soziale Arbeit jetzt handeln. Vorgeschlagen wurden u.a.:

  • Beteiligung an Forschungs- und Entwicklungsprojekten
  • Zusammenarbeit in Netzwerken wie Cari-Net (des DCV)
  • Nutzung von Förderprogrammen wie „Wohlfahrt Wandel Digitalisierung“
  • Integration von KI-Kompetenzen in die Ausbildung von Fachkräften

Zwischenfazit

Die Diskussion machte deutlich: KI wird die Soziale Arbeit nachhaltig verändern. Es liegt an uns als Fachkräfte und Lehrende, diesen Wandel aktiv und kritisch-reflektiert mitzugestalten. Nur so können wir sicherstellen, dass KI zum Wohle der Menschen eingesetzt wird und ethische Grundsätze der Sozialen Arbeit gewahrt bleiben.

KI selbst ausprobieren

Am Nachmittag hatten die Teilnehmenden die Gelegenheit, unter der Leitung von Hannes Meinhardt von der Social Impact gGmbH in einem interaktiven Workshop digitale Werkzeuge auszuprobieren, die mithilfe von generativer künstlicher Intelligenz entwickelt wurden. Diese Tools sollen die Arbeit von Fachkräften in der Sozialen Arbeit erleichtern und effizienter gestalten. Die Teilnehmer*innen konnten selbst erleben, wie KI-Anwendungen in der Praxis funktionieren und welche Potenziale sie bieten. Im Anschluss an den Workshop fand eine lebhafte Diskussion statt, in der die Erfahrungen reflektiert und die Möglichkeiten sowie Herausforderungen des Einsatzes von KI in der Sozialen Arbeit erörtert wurden. Hierbei wurden vor allem ethische und praktische Implikationen bei Einsatz der KI-Tools diskutiert.

Fazit

Der Austausch während der Veranstaltung war sowohl bereichernd als auch notwendig, um die verschiedenen Perspektiven auf den Einsatz von KI in der Sozialen Arbeit zu beleuchten. Die Diskussionen haben gezeigt, wie wichtig es ist, diese Themen nicht nur im kleinen Kreis zu behandeln, sondern auch in der Breite der Fakultät zu diskutieren. Um die Herausforderungen und Chancen von KI umfassend zu verstehen und aktiv mitzugestalten, ist es entscheidend, den Dialog fortzusetzen. Nur durch regelmäßige Treffen, Workshops und interdisziplinäre Zusammenarbeit können wir sicherstellen, dass die Soziale Arbeit auch in Zukunft ethisch fundiert und innovativ bleibt.

Quellen:

  • Der Paritätische (Hrsg.) (2024): Künstliche Intelligenz und Soziale Arbeit.
  • Steiner, O. & Tschopp, D. (2022): Künstliche Intelligenz in der Sozialen Arbeit. Grundlagen, Entwicklungen, Herausforderungen. Sozial Extra 46, S. 466–471
  • Linnemann, G.A., Löhe, J. & Rottkemper, B. (2023): Bedeutung von Künstlicher Intelligenz in der Sozialen Arbeit. SozPassagen 15, S. 197–211
  • Erdwiens, D. & Seidel, A. (2022). Zur Verankerung von Themen der Digitalisierung in Modulhandbüchern der Studiengänge Sozialer Arbeit. MedienPädagogik (Occasional Papers), 22–42. https://doi.org/10.21240/mpaed/00/2022.06.13.X
  • Mittmann, M., Roeske, A., Weber, J., Remke, S. & Schiffhauer, B. (2023): Studium Soziale Arbeit und Digitalisierung: Erkenntnisse zur curricularen Verankerung der digitalen Transformation. In M. Köttig, S. Kubisch, & C. Spatscheck (Hrsg.), Geteiltes Wissen – Wissensentwicklung in Disziplin und Profession Sozialer Arbeit (S. 237–250). Verlag Barbara Budrich.
https://doi.org/10.2307/jj.2840669.20

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